… all beauty must die

Meine liebe Katha,

auch wenn unser Trip schon wieder ein paar Wochen her ist: wie schön es mit Dir in London war! Neue Eindrücke, Farben, Menschen, Kunst und Kultur. Abends erschöpft sein, weil so viel Neues auf einen einprasselt, aber auch satt und zufrieden in der Seele. Nur vier Tage raus und doch das erfrischende Gefühl einer kleinen Zäsur, die auch heimischen Ballast oder gewohnte Strukturen wieder neu betrachten lässt. Dankbar bin ich dafür, dass so etwas möglich ist und auch dafür, wie unverändert gut wir das gemeinsam können, so mit der Zeit und mit dem Ort mitschwingen. Gemeinsam lachen und reden, aber auch schweigen können zusammen oder tiefe Gespräche führen, alles dabei.

Nach dem man gefühlt hunderte von Kilometern zu Fuß durch die Stadt zurück gelegt hat, ist man dankbar für bequeme Sneakers an den Füßen, kommod sitzende Hosen und überhaupt ein Outfit, was sich an die Bedürfnisse anpasst. Mir ist aufgefallen, dass, je älter ich werde, ich immer mehr davon wegkomme, mir auch nur irgendwas modetechnisch anzutun, was mich einschränkt. Ey, sind wir nicht beide früher ungeachtet aller Schmerzen auf hohen Hacken rum gestöckelt?! Mit Tops, bei denen man bei jeder Bewegung checken musste, ob noch alles sitzt und vor allem im Winter gerne von allem zu wenig, so dass man sich schön die Nieren abgefroren hat. Unvergessen die unsäglichen Zeiten in den Neunzigern, in denen man in unvermeidlichen Miss Sixty-Jeans durch die Gegend stakste, der Hosenbund kaum mit dem Hintern abschließend. Ich hatte sogar eine mit integriertem Gürtel… Meine Haare mit Directions-Farbe aus dem Skate-Shop leuchtend Pink gefärbt und an ganz aufgeweckten Tagen aus Glitzersteinen ein Drittes Auge auf die Stirn gepappt. Henna rote Dreads waren auch mal vertreten. Ein frohes Heureka auf die Zeit, in der es noch keine Handy-Kameras gab und darauf, dass die wenigen analogen Schnappschüsse beim 12. Umzug nach und nach verschütt gegangen sind.

Und warum, zum Teufel, roch man zudem immer nach süßlicher Vanille als Mini-Teenager?! Schön aus dem Drogeriemarkt, die Impuls-Sprühflaschen… Auch wenn es die heute glaube ich gar nicht mehr gibt, fällt mir auf der Straße oft auf, dass Vanille immer noch ein beliebter Duft U18 zu sein scheint. So süß, dass es einen fast in die olfaktorische Ohnmacht schickt. Scheint irgendwas Archaisches zu sein, wenn dieser Trend sich kaum ändert.

Erst vor kurzem habe ich meinen Kleiderschrank und meine Schuhe nochmal General überholt und alles rausgeworfen, was irgendwie dann doch nicht so richtig gepasst hat, zwickte, klemmte, das Material einen nach drei Metern zum Schwitzen brachte oder sich sonst wie nicht an mich anpasste. Geht nicht mehr. Will ich nicht mehr. Danke nein. Das heißt nicht, dass ich keinen Spaß mehr an schöner Kleidung habe, niemals! Aber ich will mich nicht mehr von irgendwelchen Dingen einschränken und unterwerfen lassen, zu alt für den Scheiß. Der Bahn hinterher rennen, wenn es nötig ist. Warm eingepackt sein, wenn der Wind pfeift. Zumindest einigermaßen Textil gewappnet sein für die Wirkungen des Alltags.

Denn: All Beauty must die…. irgendwann.

In diesem Sinne,

Deine Meike

 

 

 

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