Hmpf.

Liebste Katha,

es ist nun glaube ich so weit: Mein Gehirn löst sich auf. Ich verblöde endlich vollständig. Oder aber meine Liebe zum Wein fordert jetzt ihren Tribut und nun ist endgültig Schluss mit lustig. Ein weiterer Hinweis auf meinen Untergang ist die Tatsache, dass die Erkältung sich nicht verabschieden will und ich immer noch mehr Rotz als Verstand in mir beherberge. Nun kristallisiert sich wohl langsam heraus, dass es gar kein hartnäckiger Infekt ist, sondern mein Gehirn zu Schleim transformiert. Yeah.

Ich habe es heute auf dem Weg vom Bahnhof nach Ehrenfeld geschafft, zweimal in die falsche Bahn zu steigen und eine geschlagene Stunde mit einer unhandlichen Plakat-Rolle in der Hand durch die Stadt zu gurken. Zwischendurch wusste ich auch partout nicht mehr, ob ich jetzt ein Ticket gelöst habe, oder nur eine vage Erinnerung an eine andere illustre Bahnfahrt mir das vorgaukelt.

Und ich verstehe diese Leute alle nicht mehr um mich herum. Oder die Welt. Oder mich in der Welt. Man weiß es nicht. Vielleicht ist es auch nur die Tatsache, dass ich fast gar nicht mehr Bahn fahre und dann von so viel Realität schockiert bin.

Die zwei Jungs in der Linie 18, die darüber sinnierten, ob „se jetzt gleich nach Saturn fahr´n oder erst fett in ´n Hausflur kacken.“ Hä?! Ich weiß nicht, was ich verstörender finde: Die geplanten Ausscheidungen in Hausfluren oder die Tatsache, dass man „nach Saturn“ fährt. Oder der Typ, der über den Bahnsteig rannte und laut grölte „Tausend Mal is nix passiert, tausend und eine Nacht und es hat ZOOM gemacht“. Bei ZOOM stürzte er dann bedrohlich auf Frauen zu, die auf die Bahn warteten. Bei einem Mädchen um die 16 blieb er dann auch länger und bedrängte sie fröhlich. Und keiner der ca. 70 Umstehenden hat auch nur merklich davon Notiz genommen, so dass ich dann, verpeilt wie ich war, ihn gebeten habe, das verunsicherte Mädchen in Ruhe zu lassen. Er ging dann auch weiter, aber so viel zu „Kölner lassen keinen allein“. Am Arsch, sag ich da nur. Und dann diese oft komplett asozialen Sicherheitsleute, die an den Bahnhaltestellen eingesetzt werden. Meist sind die noch schlimmer, als die, die sie in Schach halten sollen. Wie kann man solchen Leuten einen Schlagstock und nen Kampfhund mit Maulkorb an die Hand geben?! Und wenn die dann erst ihre Uniform anhaben und vermeintliche Autorität inne, gibt es da kein Halten mehr. Hui. Schöne Szenen kann man da beobachten. In Ehrenfeld vor dem Supermarkt schrie dann einer wutentbrannt alle drei Sekunden „Obama-Hurensohn“ und schlug wild in die Luft. Hossa! Da freue ich mich doch, zurück in meine Hood zu kommen…

An Tagen wie diesen, an denen ich selbst etwas neben der Spur bin, strengt mich dieser geballte Irrsinn in der Stadt sehr an. Aber die Frage ist, ob das Leben auf dem Land nicht genauso ätzend ist. Da sitzen die Irren eben im Schützenverein oder mähen ordentlich den Rasen jeden Samstag. So oder so: Machste nix.

Vielleicht werde ich auch nur spießig und bin deshalb so genervt von der Verrohung allerorts.  Die Tatsache, dass ich einen Entsafter und einen Hochleistungsmixer mein Eigen nenne, spricht für diese Theorie. Vorbei, die It-Girl-Zeiten. Bald nur noch Charity-Lady.

In diesem Sinne: ZOOM, ey. Ich mach mir vielleicht erstmal nen Wein auf…

Deine Meike

 

 

Pic: Jörg Dixius

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