Meike hört mit

Meine Liebe,

ich fahre glaube ich zu viel mit öffentlichen Verkehrsmitteln, das habe ich diese Woche wieder deutlich gemerkt… Irgendwie muss ich ja den CO2-Ausstoß meiner Flüge wieder ein bisschen reinholen… Aber oft tut es wirklich weh, was man so in der Bahn miterleben muss, wenn man seine Kopfhörer vergessen hat.

Diesmal waren es sechs Männer im Zug von Düsseldorf nach Köln, die zusammen Bier tranken. Cola-Bier. Mitte dreißig, würde ich tippen. Fancy Hawaii-Ketten um den Hals. Nichts Ungewöhnliches im alltäglichen Junggesellen-Abschieds-Alptraum im Rheinland. Sonst sahen sie eher nach Spießer-Idyll aus.

Sie unterhielten sich darüber, dass sie ja noch nie gekifft haben. Vor allem, weil sie ja auch nicht rauchen. Und kiffen, soviel wussten sie, muss man ja mit Tabak. Einer klärte seine Jungs auf, dass man auch „Space-Cookies“ essen kann, dann muss man das Zeug nicht rauchen. Hat er gehört. Man war sich uneinig darüber, ob man diese Erfahrung in das Repertoire mit aufnehmen soll oder lieber bei dem ehrlichen, bekannten Bier-Rausch bleibt. Mit dem hat man ja seit Jahren Spaß. Sah man ja auch deutlich da in der Bahn.

Ich muss dazu sagen, dass sie sich nicht gerade leise unterhielten. Das ganze Großraumabteil hatte etwas davon, ich musste also nicht lauschen. Auch die genervten Blicke der anderen Mitreisenden, hielt sie nicht von ihrem lebendigen Diskurs ab.

Ein ganz Vorwitziger kam dann auf die Idee, man könne doch die nächste Jungs-Tour nach Amsterdam unternehmen und da in einen Coffee-Shop gehen und einfach mal sechs von diesen Keksen essen. Dann könnte man das ja mal testen.

Eine schöne Vorstellung, finde ich. Aber ich hab mich nicht eingemischt.

Die Begeisterung seiner Kumpels hielt sich in Grenzen, zumindest bis der Wortführer hinzufügte, dass die Nutten in Amsterdam auch super heiß sind. Eine geiler als die andere. Echt! Kann man sich kaum entscheiden. Jetzt wurde für die anderen auch ein Schuh draus. Ah! Geile Nutten! Ach so! Aber muss man dafür bis nach Amsterdam?! Nee! Da wussten die Jungs nämlich, dass man in Grevenbroich im Saunaclub auch nur heiße Bräute vorfindet. Alter, 50 Frauen und davon sind 48 ne glatte Zehn!

Aus ihrem weiteren Gespräch konnte man schließen, dass „Zehn“ in ihrer Skalierung eine Frau ganz nach ihrem Geschmack bedeutet. Die bringt alles mit, was die Karo-Hemden-Träger sich so wünschen. Das legen die einfach mal wacker fest. Und dann nichts wie raus in die Welt und Frauen bewerten. Kann man ja mal machen.

Da die Herren-Runde im wahren Leben wohl eher selten in Gefahr läuft, eine Frau zu treffen, die mit ihnen Körperflüssigkeiten austauschen möchte, wäre der Grad ihrer Verbitterung vielleicht nachzuvollziehen. Aber verrückter Weise trug die Hälfte der semi sympathischen Boys einen Ehering am Finger. Und zuhause sitzen dann Sabrina, Yvonne, Sandra oder Nicole auf der Couch und ahnen nicht, dass ihr Hintern in deren Augen eigentlich nur ne Drei ist?! Woher kommt diese Überheblichkeit?! Woher dieses Selbstverständnis?!

Die Truppe schien sich mit dem käuflichen Erwerb von Frauen weltweit auszukennen, denn nun schwelgten sie in gemeinsamen Thailand-Erinnerungen. Der Puff dort war der Oberhammer! Und billig! Herrlich. Was hatten sie für einen Spaß! Die haben alles mitgemacht da, die Schlampen! Man kicherte einträchtig.

Was soll mir das sagen, Katharina?! Was für ein Glück, dass man das Geld hat, um Länder zu bereisen, wo die Armut so groß ist, dass man sich für umgerechnet ein paar Euro mit seinem  Provinz-Pimmel wie ein König fühlt?! Mit etwas Glück bringen sie Sabrina-Yvonne-Sandra-Nicole dann einen süßen Tripper als Reise-Souvenir mit. Und all die Frauen, hier wie dort, sind nur dafür da, um ihnen, der Krone der Schöpfung, zu gefallen und zu dienen?!

Ich zweifle schon lange an der Schöpfung. Zumindest am Mensch, ehrlich gesagt….

Meine Laune sank langsam in den Keller und ich wünschte mir schon eine Weile immer sehnlicher Kopfhörer herbei, um das akustische Elend auszublenden.

Aber da ging es bei den Jungs schon weiter: Kerstin von gestern Abend hatte die Freundschaftsanfrage auf Facebook angenommen. Das Alphatier mit dem schwindenden Haaransatz war stolz und wurde auf dem Affenfelsen gebührend gefeiert. Die Jungs huldigten ihm. Ein richtiger Macher! Ihr Gesicht war ne ne glatte Neun, aber der Rest, naja… Nur ne Vier. Die Alpha-Glatze verteidigt sich: Dafür hatte der Aufriss seines Kontrahenten dicke Arme. Insgesamt nur ne Fünf.

Während ich noch überlegte, ob ich ihnen vor die Füße göbeln soll, kam Gott sei Dank mein Ziel-Bahnhof. Ich hätte gerne noch ein paar Wertungs-Tafeln aus der Tasche geholt, um ihnen ein paar Abzüge in Pflicht und Kür zu verpassen. Es gruselte mich.

Und was ziehen wir da jetzt für eine Quintessenz raus, Katha?! Kinder, kifft was das Zeug hält in Eurer Jugend?! Nee, das kann es nicht sein. Oder: Finger weg von Karo-Hemden?! Zu kurz gedacht.

Ich hab keine Ahnung.

Es grüßt Dich ratlos: Deine Freundin.

1 Discussion on “Meike hört mit”
  • o.O
    ALTER! Was waren das denn bitte für Helden?! Sicher, dass die nur in Puffs gehen, damit sich Frauen ihnen freiwillig nähern…. Alterfalter *entsetztkopfschüttel* ich kann mit dir mitfühlen und hoffe, dass du deine Kopfhörer nicht mehr vergisst. Ansonsten machst du es vielleicht wie die coolen Kids von heute: Musik auf Handy anmachen und dann auf laut stellen.

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