Warten auf das Meer.

Liebe Katha,

ich schreibe diese Zeilen aus dem Aufenthaltsraum der onkologischen Station.

Du bist bei Deinem Vater und bewachst seine wahrscheinlich letzten Stunden.

Gestern sind wir hier angekommen und seit dem ist alles unwirklich, wie in Watte gepackt, taub und stumpf. Die Zeit hat etwas wahlloses und irgendwie versteht man nicht, wie alles weiter läuft.

Als Du Freitag früh bei mir vor der Tür standest und nur gefragt hast „Wie schnell kannst du packen?“, war alles klar. Sechs Stunden später waren wir in Berlin.

Es ist gut, hier zu sein. Ich kann nicht viel tun, außer Dich zum Essen zu zwingen und Dich in den Arm zu nehmen, wenn du für kurze Zeit das Zimmer verlässt.

Wir warten. Auf Erlösung, darauf, dass er gehen kann, seine Seele aus dem Fenster davon fliegen darf… warten auf das Meer.

Ich gucke in die Nacht da draußen und denke an die Menschen, die ich liebe.
Gerade jetzt, in diesen Momenten, in denen alles so tonnenschwer ist, ist mein Herz zum Bersten gefüllt von diesem Gefühl. Für die Menschen, die einem so nah stehen und die auch jetzt so für einen da sind. Egal wie. Die anrufen, nachfragen, uns ihre Wohnung überlassen, uns zum Essen einladen, über egal welche Entfernung gute Wünsche und Energie schicken.

Wir werden dieses Jahr irgendwann zusammen an einem Strand sitzen und auf das Meer gucken. Die Füße im warmen Sand. Nebeneinander. Miteinander. Und neue Kraft schöpfen.

Deine Meike

 

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