„Alone?“

Liebe Meike,

9 Länder, 16 Städte, gefühlte 70 verschiedene Unterkünfte und immer wieder die Frage: „Alone?“. An der Rezeption, an einem Ticketschalter oder in einem Restaurant. Verwirrte und oft gar mitleidige Blicke, die mich trafen.

Ja, ich bin alleine gereist. Wie es sich anfühlt? Nun ja, ich muss zugeben, am Anfang war es gewöhnungsbedürftig. Und gerade als Frau ist es irgendwie doch noch mal anders. Wie oft habe ich vor einer Tür einer neuen Unterkunft gestanden und gedacht – hoffentlich sind die airbnb Hosts nett, die können sonst alles mit dir anstellen. Jeden Fahrer, in dessen Auto ich saß, beäugte ich mit Skepsis. Viele dunkle Straßen auf meinem Nachhauseweg bin ich mit einem mulmigen Gefühl entlang gegangen. In Clubs das Getränk immer stets im Auge. Hatte ich doch diverse Horrorstories von anderen Mädels auf meiner Reise gehört. Als Frau bist du zu größerer Vorsicht angewiesen. Leider.

Und trotzdem sind mir auf meiner Reise mehr allein reisende Frauen als Männer begegnet. Jede hatte eine ganz eigene Geschichte mit sich. Und doch ähnelten sie sich. Auf der Suche nach einem Neuanfang, andere Einblicke erlangen, das Geschehene hinter sich lassen. Ich habe mir oft die Frage gestellt, warum das so ist. Reisen doch Männer eher in Gruppen, oder mit ihrer Partnerin. Aber Frauen sind mir meistens alleine begegnet. Von 19 jährigen (was ich sehr mutig finde) bis 50 war jede Altersklasse vertreten. Ich kann dazu nur Vermutungen anstellen. Aber ich denke, dass Frauen mutiger sind. Mutiger im Hinblick darauf, etwas in ihrem Leben zu verändern. Sie hinterfragen das Gewohnte und auf der Suche nach Antworten gehen sie dem Impuls nach, einen Neuanfang zu starten. Und manchmal ist es vielleicht auch einfach nur der Mut, dem Wunsch einer Reise nachzugehen, ohne auf den perfekten Reisebegleiter zu warten. Was auch immer der Grund gewesen sein mag: Ich bin sehr dankbar für all diese tollen und interessanten Frauen, die meinen Weg gekreuzt haben.

Zum Ende meiner Reise bin ich selbstsicherer geworden. Irgendwann hast du den Bogen raus. Bist völlig in deinem eigenen Flow. Du weißt, wie du dich verhalten musst und worauf zu achten ist. Die Heiratsanträge von Tuk Tuk Fahrern belächle ich nur noch. Und ich genieße es mittlerweile alleine essen zu gehen und verkrieche mich nicht mehr hinter meinem Kindle. Ich bin zum absoluten Organisationstalent geworden und Improvisation ist mir auch nicht mehr fremd. Ich finde mich zurecht. Egal wo. Ein gutes Gefühl.

An manchen Tagen habe ich ganz bewusst Kontakte gemieden. Du musst keine Kompromisse eingehen. Kannst tun und lassen was du möchtest. Auch das will gelernt sein. Auf die innere Stimme hören. War ich zu Beginn gestresst, alles sehen zu wollen, oder bin in Panik verfallen, wenn ich seit einem Tag mit niemandem mehr geredet habe. So ist es nun ein Genuss für mich, mich nach dem Frühstück noch mal ins Bett zu legen und zu lesen. Ich habe wieder begonnen zu zeichnen und liebe es, ganz für mich alleine durch Straßen zu schlendern. An meine Selbstgespräche habe ich mich auch gewöhnt. Ich fürchte fast, mein soziales Verhalten ist etwas abhandenkommen.

Ja, es wird Zeit euch alle wiederzusehen. So schön das Reisen auch ist. Ich vermisse meine Lieben daheim sehr. Und um so mehr freue ich mich, dass ich meine letzte Station meiner Reise gemeinsam mit meiner Familie erleben werde. Am Samstag ist es soweit – New York.

Und dann rückt auch unser Wiedersehen näher. Ganz bald. Und dann wird geredet und geredet….

Ich küsse dich!

 

Hier noch ein paar Bilder der letzten Wochen. Thailand und Kambodscha.

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