kamikaze.karma trifft: Florian Schmitt.

Liebe Katharina,

immer wieder frage ich mich, wie lange und wie oft man sein Leben komplett umkrempeln kann. Oder sollte. Immer wieder überprüfe ich mich selbst und frage mich, was ich noch will vom Leben und versuche Vieles zu verwirklichen. Deswegen faszinieren mich Menschen, die genau dies tun: Nochmal neu anfangen, mutig sein, etwas wagen.

Florian ist einer davon. Über gemeinsame Freunde habe ich ihn kennengelernt und sofort in mein Herz geschlossen. Er hatte irgendwann den Traum, einmal in Paris zu leben. Und auch wenn erstmal nichts darauf hindeutete, dass Paris nach ihm verlangt, so hat er aber immer weiter nach Paris verlangt. Und macht nun Nägel mit Köpfen: Er zieht von Köln nach Paris im Oktober. Einfach so. BÄM. Wie es dazu kam, wieso und warum, vor was er Angst hat und von was er träumt, hab ich ihn gefragt:

Lieber Flo, wann warst Du das erste Mal in Paris und was hat Dich an der Stadt so fasziniert?

Als ich zur Schule ging, war ich in einer „reinen“ Französisch-Klasse. In der 8. gab es dann einen Austausch nach Frankreich, ein kleiner Ort in der Nähe von Paris. Wir waren dann fast eine ganze Woche in Paris und haben uns die ganzen Touri-Sehenswürdigkeiten angeschaut. Und ich fand das damals schon aufregend, so weit ich mich erinnern kann. Groß, schnell, laut… Großstadt eben.

Wie war der Prozess für Dich: Von der Liebe zu Paris, bis zu dem festen Entschluss dort leben zu wollen?

Paris war bisher für mich immer ein bisschen wie eine Film-Kulisse: Unwirklich. Zumindest auf dem ersten Blick.
Daneben gibt es aber noch ganz viele andere Schauplätze. Die möchte ich entdecken. Neben all der Schönheit möchte ich gern wissen, wie es aussieht, wenn der Lack abplatzt oder die erste Schicht nicht mehr ganz so kräftig funkelt und glänzt.
Ich war in den letzten 2 bis 3 Jahren immer wieder in Paris um einen guten Freund zu besuchen. Je öfter ich dort war, um so intensiver wurde das Bedürfnis in dieser Metropole zu leben und sie wirklich zu erfahren.

Was hast Du denn gelernt, wie man so schön fragt? Also wo kommst Du her, wie war Dein Werdegang bis heute?

Angefangen hab ich in Köln mit einem Sonderpädagogik-Studium 2001. Nach dem Abschluss 2006 bin ich aber nicht direkt an eine Schule fürs Referendariat. Ich dachte mir schon damals: Den Joker haste, den kannste auch später noch setzen…
Nach einer Weile wurde mir klar, dass ich aber doch erst noch was anderes machen möchte und die Pädagogik zwar interessant ist, aber es noch viele andere schöne Dinge im  (Berufs-)  Leben gibt. Ich hab dann erst mal in einer Agentur ein Praktikum im Bereich Webdesign begonnen.

Aber dann hast Du doch nochmal Kunst studiert, oder?

Kunst, Kultur, Architektur und Design fand ich schon immer toll. Museum, Galerie, Theater, Tanz, Kulturzeit, Arte… Das gehörte für mich immer dazu.
Gutes Design, gute Architektur und „schöne“ Dinge, sowie künstlerische Arbeiten, die einen zum Nachdenken anregen und herausfordern, inspirieren mich. Nicht alles, aber das, was gut gemacht ist. Gerade jene Arbeiten, bei denen man merkt, dass der- oder diejenige dafür brennt und mit Leidenschaft dabei ist.

Und dann bist Du Deiner Leidenschaft gefolgt?

Die Idee Kunst zu studieren ließ mich irgendwie nicht los und so informierte ich mich, wo man das in NRW machen kann. Irgendjemand erzählte mir dann von Siegen. Da musste ich erst mal schauen, wo das war…. Ich hab’s gefunden, mich beworben und 2008 dann angefangen dort zu studieren. Anfang 2013 war dann auch das Zweitstudium rum.
Ja, und dann war ich plötzlich künstlerischer Mitarbeiter im Bereich Fotografie bei Uschi Huber.
Ging alles ganz fix und ist jetzt auch irgendwie fix wieder rum.

Woher kommt Deine Begeisterung für die Kunst?

Ein Grundinteresse war schon sehr früh da. Auch während meines Erststudiums habe ich immer wieder überlegt zur Kunst zu wechseln. Wusste dann aber noch nicht so richtig, wo, wie, was.
Ich hab mir dann irgendwann eine analoge Spiegelreflex gekauft. Damit war der Grundstein gelegt….
Wie das Glück manchmal so spielt, war ich in einem Foto-Kurs bei der Kölner Künstlerin Tamara Lorenz. Dort bekam ich sehr gute Impulse und so wurde die Idee mit Mappe und Studium konkreter.

Wann kam dir der Gedanke tatsächlich nach Paris zu ziehen?

Köln ist toll. Aber Paris ist groß – mal so richtig groß! Ich glaub so ungefähr vor 2 Jahren.

Welche Hindernisse gab es oder gibt es?

Ach, ich hab mich für das ein oder andere Stipendium beworben. Hat alles nicht geklappt. Da war ich erst mal etwas frustriert. Aber dann sagte ich mir: Egal, du gehst einfach trotzdem!
Ich würde sagen, die Hindernisse sind eher organisatorischer Natur: Krankenkasse,Versicherung und so nerviges Zeug…

Was erhoffst du dir von diesem Umzug?

Routinen zu durchbrechen, Begegnungen, neue berufliche Herausforderungen und vor allem neue Bilder zu finden. Ich freue mich darauf, wieder eine Stadt und den Raum erkunden zu können und diese in meine eigenen künstlerischen Arbeiten einfließen zu lassen.

La bouche de métro, 2015, 79,85 x 120 cm Florian Schmitt

La bouche de métro, 2015,  120 cm x 79,85 cm
Florian Schmitt

Vor was hast du Angst, wenn Du nun nach Paris gehst?

In der einer der teuersten Städte anzukommen und mich nicht über Wasser halten zu können.

Du kommst -wie ich- eigentlich vom Land. Und nun ziehst Du in diese irre große Stadt. Passt das zusammen?

Aufgewachsen bin ich in einem kleinen Dorf mit Wald, Wiese und Bach hinterm Haus.

Aber eigentlich bin ich ein Betonkind. Klar, hab ich auch nix gegen Wiese. Aber die kann ruhig mit Steinen eingegrenzt sein. Wenn ich ein paar Tage im Grünen bin oder meine Familie und Freunde auf dem Land besuche, kann ich das sehr gut genießen. Aber nach einer gewissen Zeitspanne werde ich hibbelig und brauche wieder den Trubel der Stadt. Dieser Trubel, der Beton und das, was Stadt ausmacht, regen mich zum Nachdenken an.

Darüber hinaus, genieße ich aber neben der Familien-Familie, die Freunde-Familie in der Stadt. Es ist toll, mit Leuten zusammen zu sein, die man mag, die einen inspirieren, anregen und auf neue Ideen bringen.

Seit wann lebst Du jetzt in Köln?

Ich wohne nun seit 15 Jahren in Köln und mag es sehr gern! Auch wenn mir das Kölsch-Gedudel und das Fründe-Blabla ab und an auf die Nerven geht, ist Köln eine bunte, lebendige und tolerante Stadt. Man trifft immer wieder Freunde und Bekannte auf der Straße. Großartig! Wenn man Stadtleben und Urbanität will, findet man es hier, ebenso aber Ruhe und eine gewisse Gelassenheit.

Hat Dich das Leben in der Stadt verändert?

Ich würde schon sagen, dass das Stadtleben mich in gewisser Weise hat offener werden lassen. Man ist immer wieder mit unterschiedlichen Personen, Situationen und Ereignissen konfrontiert.

In dem Buch „Die Kultur der Stadt“ beschreibt Walter Siebel „Die Stadt als das Labor der Moderne“. Ob nun Moderne, Postmoderne oder Zweite Moderne: Ich finde das mit dem Labor gut. Darin möchte ich arbeiten.

Wenn du dir wünschen darfst, wo du in zehn Jahren bist und wie du lebst: Wie sieht das aus?

Gute Frage.
Aber hätte ich mich jemand vor 10 Jahren gefragt, ob ich mich als künstlerischer Mitarbeiter in der Fotografie gesehen hätte, oder ob ich gedacht hätte, dass ich bald nach Paris ziehen werde?!
NEIN, das hätte ich nicht.
Viel lieber, als das ich sagen könnte, wo ich in 10 Jahren sein werde, wünsche ich mir meine Offenheit und Neugierde zu bewahren.

Danke, lieber Florian!

Florians Arbeiten und noch mehr zu ihm findet man unter www.schmittflorian.de.

Ich freue mich, auch bald mal wieder mit Dir zu quatschen, meine liebe Katha!  Anrufe per whatsapp reichen auf die Dauer nicht… Und bald fahren wir zu Flo nach Paris, ja?!

Deine Meike

 

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