Nachts.

Liebe Katharina,

im Sommer, wenn die Abende lau sind, die Terrasse ruft und man in den Bars vor der Tür den besten Platz hat, ist es Zeit, die Nächte zu feiern. Die wenigen Tage im Jahr müssen genutzt werden. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich selten die bin, die sagt „Danke, ich hab‘ genug, ich hau‘ gleich ab.“. Von mir hört man eher, dass ich morgens um vier dazu anrege, noch die Location zu wechseln, um dann bis zum Morgengrauen durch die Straßen zu marodieren. Dem Leben alles abringen, was es bereit ist, herzugeben.

IMG_1983Ich liebe die Ungewissheit, die Wahrheit und die Lügen der Nacht, die kaum von einander zu trennen sind. Die Geschwindigkeit, die kleinen und die großen Dramen, die Sehnsucht, das Lachen, aber auch die Traurigkeit, wenn man dem großen Nichts für einen Moment in den Rachen geguckt hat. Die alten und die neuen Freunde. Die, die einen nur streifen und die, die dann plötzlich bleiben. Die Musik und das Licht. Die Bässe. Das leise „Alles ist möglich“ an den Wochenenden. Versprechen im Club-Nebel und wispernde Gespräche auf dem Nachhause-Weg. Der Sommer ist prädestiniert dafür, die Arme auszubreiten und voller Naivität an alle Wunder zu glauben, die kurz an dir vorbei ziehen.

Aber auch ein Sommer geht zu Ende. Und weißt Du was?! Das ist auch gut so. Sich dann wieder besinnen, ein paar kleine Wunden lecken, Rückzug oder Detox – nenn‘ es, wie Du willst. Wir treiben zwischen zwei Polen: Dem Chaos und der Entgrenzung und der Ruhe und der Einkehr. Beides ist wichtig, beides tragen wir in uns. Kommen wir zu nah an den einen Pol, stößt er uns ab. Driften wir zu sehr zu dem anderen, verbrennen wir uns die Flügel. Vielleicht ist es eine ewige Bewegung, in der wir uns befinden. Ein Fließen und Treiben, hin und her. Vielleicht geht es gar nicht so sehr darum, bei einem anzukommen, sondern anzuerkennen, dass beide Pole in uns leuchten. Zu verstehen, dass es immer so weitergehen wird. Vielleicht gilt das nicht für alle Menschen, aber wir beide gehören eindeutig zu dieser Kategorie. Und eigentlich will ich auch nicht tauschen, dafür liebe ich es zu sehr.

Wie schön es ist, dass wir beides miteinander können: Das nächtliche Verlieren in Albernheit, bei Wein und warmer Nachtluft. Aber auch zusammen Projekte und Ziele umsetzen, reden bei Tee und Kerzenschein, ein Auge aufeinander haben, sich annehmen, wie man ist und in allen Lebenslagen beieinander stehen.

Kamikaze und Karma eben.

Liebe,

Meike

 

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