„Work and Travel-Mädchen“

Liebe Meike,

nun bist du bereits seit einer guten Woche wieder hier und ich frage mich, wo die Zeit geblieben ist. In den letzten Wochen bin ich geradezu in den Tiefen diverser Outdoor Stores verschollen. Ich möchte an dieser Stelle kurz anmerken, dass es tatsächlich nur noch knappe acht Wochen sind, bis ich Europa für ein halbes Jahr verlasse. Und da gibt es doch ein paar Dinge auf einer meiner To-Do-Listen, die es zu besorgen gilt.

Eine der ersten Stationen – Globetrotter! Mit meinem frisch gewonnenen Motto „Loslassen, nicht verrückt machen lassen“ vor Augen, betrat ich den Laden. Ich wollte nur ein paar Dinge wie, Rucksack, Schlafsack und eine Hardshell-Jacke besorgen. Zielgerichtet betrat ich also die Abteilung der Reiserucksäcke. Das Vorhaben im Kopf nur mit Handgepäck reisen zu wollen. Ich hatte mir das großartig ausgemalt. Kein Warten am Gepäckband, günstigere Flüge, kein Anstellen am Schalter der Gepäckabgabe und nur ein Gepäckstück auf das ich aufpassen muss. Das roch nur so nach Freiheit! Und irgendwie fand ich mich, mit der Vorstellung mit nur einem kleinen Rucksack auf dem Rücken, ganz schön lässig. Ich, die Weltbewohnerin, die nichts braucht, um um die Welt zu jetten.

Kurzum, es standen ca. 5 Verkäufer um mich herum, die mein Vorhaben nicht fassen konnten. Handgepäck – für ein halbes Jahr. Verrückt! Was ist mit Medikamenten in Flüssigform? Keine Reisesouvenirs? Eine Aufzählung unzähliger Dinge und Rückfragen folgte, die ich dir jetzt im Detail erspare. Also ließ ich mir doch eine Auswahl an klassischen Backpacker-Rucksäcken zeigen.

Und während ich da vor meiner engeren Auswahl an Rucksäcken stand, kam SIE. Blond, Anfang zwanzig, aufgeklebte Wimpern, buntes Make-Up in Schichten, falsche Nägel, aber Vans zur hochgekrempelten Jeans (im Winter). Im Schlepptau die Mutter. „Heeeeyyy zusammen, ich brauche nen Rucksack!“. Verkäufer: „Was haste dir denn vorgestellt?“. „Ach, so 65 bis 70 Liter“. Ein leichtes Grinsen auf dem Gesicht des Verkäufers mit Griff zum Regal. (Hierzu eine Randinfo – die Rucksäcke sind zum Testen befüllt.) Ein herrliches Bild, SIE mit dem Männerrucksack auf dem Rücken, und ein entsetzter Gesichtsausdruck. Ein fundierter Kommentar der Mutter: “ Die Farbe des Rucksacks passt aber nicht zu deiner Jacke.“ Auf die Frage des Verkäufers hin, was SIE denn vor hätte, wusste ich bereits die Antwort. Ein Jahr Work and Travel in Australien. Immer wieder sind mir in den letzten Tagen diese „Work and Travel-Mädchen“ in den Outdoor Stores über den Weg gelaufen.

Ein schönes Schauspiel und doch auch erschreckend. Weiß SIE was sie erwarten wird? Ist ihr bewusst, dass SIE den Rucksack ohne Hilfe von Mutti von A nach B tragen wird? Und das ihre Fingernägel beim „Fruit Picking“ abbrechen werden? Wie naiv.

Mein Blick fällt in den Spiegel. Die Rucksäcke vor meinen Füßen. Und plötzlich sieht die bereits gefühlte Weltbewohnerin gar nicht mehr so lässig aus. Weiß ich denn, was mich erwarten wird? Was für ein naiver Gedanke. Handgepäck – für ein halbes Jahr. Lächerlich. Ich schaffe es noch nicht mals nur für ein Wochenende Handgepäck mitzunehmen. Und da war die Entscheidung klar. Ein Deuter Frauenrucksack mit einem Fassungsvermögen von 55 Litern.

Und während ich an der Kasse stand, erfreute mich innerlich der Gedanke, dass ich nun doch meine Mascara und vielleicht auch „ganz gewagt“ einen Lippenstift einpacken könnte.

Deine noch immer (im Geheimen) gefühlte Weltbewohnerin.

 

Ach, fast vergessen. Zu einer meiner neuesten Reise-Errungenschaften gehört nun auch ein Kindle Reader. Hast du ein paar Buch-Tipps für mich? Möchte das Ding ein wenig auffüllen, bevor es los geht…

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