Karibische Zeit

Meine liebe Katharina,

ich bin bei der vorletzten Station meiner Reise angelangt. Sechs Unterkünfte an sechs Orten liegen hinter mir. Dazwischen viele Kilometer auf den abenteuerlichsten Straßen. Da wurden Flussbetten durchfahren, für Affen gestoppt, galoppierenden Pferden ausgewichen und neben staubigen Schotterpisten wunderschöne Aussichten bewundert.
Die letzte Woche sollte ganz im Dienst der Entspannung stehen. All die mitgeschleppten Bücher wollen ja gelesen werden.
Bei Punta Uva, an der karibischen Küste kurz vor Panama, haben wir eine kleine Hütte im Garten von Reynaldo und seiner Frau Isis (Olguitas Place) gebucht. Kein WIFI, kein Luxus, wenig Zivilisation. Dafür Brüllaffen Geschrei und ein Skorpion im Bad. Da ich dann doch irgendwie ein Stadtkind bin, hat mich dieser Mitbewohner etwas verstört, aber Gott sei Dank ist er schüchtern und lebt zurückgezogen im Türrahmen. Eine mehrspurige Blattschneide-Ameisen-Autobahn führt über unsere Fußmatte und der einsame Strand voller Palmen liegt ein paar Schritte entfernt. Und Faultiere sieht man hier endlich überall, es ist ein Traum. Nachts hört man dem tosenden Atlantik zu und ich wache immer noch bei jedem Rascheln vor dem Fenster auf. Ich sach ja: Stadtkind…

 


Doch mit einer Sache hatten wir nicht gerechnet. Und das ist Ostern. Ostern hört sich erstmal relativ undramatisch an, schätze ich. Naja. Ostern ist dieses Jahr relativ früh und bei der Planung hatten wir überhaupt nicht daran gedacht, dass Ostern in unsere Reise fällt. Und wenn, wäre es bestimmt nichts gewesen, was ich überdacht hätte. Ostern halt, ja und?! Tja, die Ticos haben wohl die Tradition, dass sie über die Ostertage gerne einen Ausflug machen und jetzt darfst du dreimal raten, wohin… Genau: an die Karibik Küste, Punta Uva.

imageUnser einsamer Strand bevölkerte sich Donnerstags morgens plötzlich mit hunderten von beladenen Pickups. Halbe Zeltstädte wurden errichtet, Grills angeschmissen, Jahresrationen Bierdosen in Kühlelemente gepackt und Klappstühle für Oma, Opa, Tante, Schwager und alle Freunde aus Schulzeiten aufgestellt. Hunde, Babys, Quads, Musikanlagen (ich gestehe: ich hasse Reggae, auch in der Karibik…) und der halbe Hausrat stand plötzlich am Strand. Wir sind die einzigen Touristen, die diesem Spektakel beiwohnen, entweder gibt es hier nie welche oder sie waren besser informiert. Aber es hat was, es ist irre zu beobachten, was hier aufgefahren wird. Apropos fahren: Gefahren wird hier gern. Am liebsten direkt auf den Strand, damit sich niemand mehr bewegen muss. Und dann gibt es für alle riesige Drei-Liter-Softdrink-Flaschen, Wasser hab ich hier tatsächlich noch niemanden trinken sehen. Da haben einige Weltkonzerne ganze Marketing-Arbeit geleistet…
Die Stimmung ist ausgelassen und Alt und Jung haben eine gute Zeit miteinander. Manchmal vermisse ich das an uns Deutschen. Bei uns gibt es diese Familien-Traditionen höchstens mal zu Weihnachten oder so. Vielleicht auch deswegen, weil es uns meist an Großfamilien mangelt. Da werde ich dann kurz ein bisschen wehmütig und nehme mir vor, dieses Jahr noch mehr Zeit mit meiner Familie und mit meinen Freunden zu verbringen. Es ist doch das, worauf es ankommt, also lasst uns zusehen, dass wir unser kleines Leben mehr damit füllen.

In diesem Sinne: Check Du schon mal Deinen Kalender, damit wir essen gehen können, sobald ich wieder da bin.

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