Weggefährten

Liebe Katharina,

irgendwie fühlt es sich manchmal gar nicht so an, als ob Du gerade am anderen Ende der Welt sitzt. Diese verrückte Technik und dieses Internet machen es ja möglich, dass man sich trotzdem regelmäßig liest und spricht. Toll ist das, weil man so weiter am Leben der Anderen teilnehmen kann, obwohl so viele Kilometer zwischen uns liegen. Trotzdem freue ich mich darauf, wenn Du wieder in Reichweite bist. Freundschaft funktioniert eben doch nicht nur virtuell.

Es gibt Menschen, die begleiten einen über lange Zeit hinweg. Und auch, wenn man sich nicht so oft sieht und vielleicht sogar manchmal Monate nicht spricht, ist dann sofort wieder Nähe da. Mal entfernt man sich vielleicht ein bisschen auf den unterschiedlichen Lebenswegen, aber im besten Falle findet man bei der nächsten Kurve auch wieder näher zusammen.

Ich dachte lange Zeit, dass das einem vor allem mit Menschen so geht, die man schon sehr lange kennt, mit Freunden aus der Jugend oder sogar der Kindheit. Aber ich habe auch in den letzten Jahren die Erfahrung gemacht, dass man, egal wann, immer noch Menschen trifft, die einen berühren und die oft sogar in kurzer Zeit zu wirklichen Freunden werden können. Das ist schön und irgendwie finde ich den Gedanken tröstlich, dass ich, bis ins (hoffentlich) hohe Alter hinein, immer weiter auf Gefährten treffen werde, die mich bereichern und mit denen man ein Stück des Weges gemeinsam geht.

Von manchen Freunden löst man sich wieder, die streifen nur kurz das eigene Leben und dann geht man in unterschiedliche Richtungen weiter. Manchmal entscheidet man sich dafür ganz bewusst, manchmal muss man sich sogar schmerzlich von jemandem lösen und es fühlt sich fast ein bisschen wie eine Trennung an. Wenn ich zum Beispiel bemerke, dass jemand nur meine Energie saugt und mich mit Negativität überschüttet, bin ich mittlerweile sehr viel kompromissloser, als früher. Das will ich nicht mehr und ich grenze mich sehr viel schneller ab und versuche solche Menschen aus meinem Leben rauszuhalten. Lasse mir meine Zeit nicht mehr für inhaltslosen Bullshit klauen. Erstaunlich, wie viel mehr Raum man dann plötzlich für die Freunde hat, die einem wirklich am Herzen liegen.

Trotzdem glaube ich daran, dass niemand ohne Grund in unser Leben kommt. Die einen schenken dir etwas, was du nie vergisst. Die anderen lehren dich etwas über dich selbst und das können schöne, wie auch hässliche Wahrheiten sein. Mit manchen Gefährten fliegt man vielleicht einfach nur durch die Nächte und teilt den Hedonismus eines Sommers. Und andere retten dein Herz, weil sie zur richtigen Zeit, die richtigen Worte finden, wenn du gerade nicht mehr weiter weißt. Oder sind einfach für dich da, wenn du es alleine nicht schaffst, den blöden Schrank aufzubauen.

Im Alltag vergisst man so oft zwischen Stress im Job, dem Termin beim Steuerberater und dem schnellen Gang zum Supermarkt, wie wichtig unsere Freunde sind. Und eben auch nicht selbstverständlich. Und wie loyal, wundervoll bescheuert, hilfsbereit, weise, albern, verständnisvoll, vergnügungssüchtig, praktisch und herrlich sie sind.

In diesem Sinne: Ich bin sehr froh, so tolle Freunde zu haben.

Grüß mir das Meer, meine Liebe!

Meike

 

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