Immer geradeaus.

Liebe Meike,

Ein durchgängiges Brummen des Motors, die Klimaanlage versucht ihr Bestes, das Handy variiert zwischen „Nur SOS“ und „Kein Netz“, aus dem Radio ertönt ein monotones Rauschen. Zahnpastaflecken auf dem Shirt, roter Sand klebt in meinem Gesicht, die Haare voll von Salz, Mückenstiche auf meiner Haut, und die Nase von der Sonne verbrannt. Meine Oberarme schmerzen vom Kampf mit den Windböen, die den Camper immer wieder erfassen. Ein anhaltender Zustand seit Tagen.

Vor mir verschwimmt die Straße im Hitzeflimmern. Ich muss die Augen zu kneifen um zu erkennen, ob dort vor mir ein Känguru-Kadaver, eine Schlange, oder doch nur ein Ast liegt. Kilometerlang nur geradeaus. Immer geradeaus. Stundenlang.

Ab und zu kreuzt ein Skorpion die Straße. Meine Augen versuchen den Horizont zu erfassen. Sträucher, ein verbrannter Baum, feuerrote Erde, Felsen und Termitenhügel. Aus dem Nichts eine riesige weiße Düne, auf der der Wind seine Muster im Sand zeichnet. Dahinter der Ozean. Ein einziges Farbenspiel. Türkis, Blautöne, das Rot des Sandes. Ich kann mich nicht satt sehen. Töne des Staunens entweichen mir immer wieder. Und ab und zu kullert eine Freudenträne die Wange hinunter.

Unendliche Weite. So etwas habe ich noch nicht gesehen. Wie oft stoppe ich den Wagen mitten auf der Straße, und muss immer wieder aussteigen, um dieses Bild zu betrachten. Diese Stille der Natur. Da ist einfach nichts. Ich befinde mich im Nirgendwo. Wie in einer Parallelwelt.

Doch mit jedem Tag mehr den ich in dieser Umgebung verbringe, wird mir klarer – da ist nicht Nichts. Da ist ganz viel. Und ich bin nur ein winzigster Teil von dem Ganzen da draußen. Ein Gefühl der Ehrfurcht beschleicht mich. Mit jeder Begegnung, die mir die Natur bietet, ist es als würde sie mich frech angrinsen, den Kopf über mich schütteln und sagen: „Denkste…“. Da waren Wildpferde, die mich am Weiterfahren hinderten. Ein Emu, dass mit seinem Schnabel auf meinem Mac Book rumhakte. Kakadus, die mein Frühstück in Beschlag nahmen. Und Haie, die direkt an mir vorbei schwammen, als wäre nichts. Und dann ist da dieser gigantische Sternenhimmel, der mich Nacht für Nacht ins Staunen bringt.

Oh, wie dankbar bin ich für all das. Für diese Schönheit, die sich mir bietet. Ein gigantisches Nichts aus Vielem und ich mitten drin.

Ich umarme dich.

Deine ehrfürchtige Katha

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